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Wo die wilden Opern wohnen

Seit 25 Jahren gibt es ihn nun schon, den Berliner Opernpreis der Neuköllner Oper. Es gab 13 Wettbewerbe mit 342 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, alle preisgekrönten Stücke wurden nicht nur einmal sondern mehrmals aufgeführt, zum Teil bis zu 18-mal. Kompositionsaufträge wurden vergeben und junge Komponierende gefördert, Grundstein für weitere Zusammenarbeiten zwischen den Produktionsteams gelegt.
Der Berliner Opernpreis war nie ein auf Glamour angelegtes Unternehmen, das sich dem intellektuellen Feuilleton anbiedern will oder abstrakte akademische Positionen abhandelt. Es ging hier immer um Basisarbeit am Medium der Oper: wie können zeitgenössische, moderne, freche, politische, satirische, unterhaltsame, verrückte Stücke aussehen, die ein Publikum erreichen können, das nicht vorher das Gesamtwerk von Adorno lesen muss?
Wie wichtig diese Basisarbeit ist, kann man daran beurteilen, wie neue Opern heutzutage entstehen und woran sie oft scheitern. Nach einer Neubesinnung der zeitgenössischen Musik auf das Medium Oper/Musiktheater in den 80er Jahren – allein über diese Begrifflichkeiten könnte man schon ganze Romane schreiben – gab es unterschiedlich erfolgreiche Versuche von Komponistinnen und Komponisten, auf einer Bühne funktionierende Stücke zu schreiben. Was oft fehlte, war die ganz simple Erfahrung musiktheatralischer Arbeit – wer bisher allein für avancierte Neue-Musik-Ensembles oder spezialisierte Solist*innen schrieb, ist nicht im Geringsten auf die Praxis der Opernarbeit vorbereitet und verschätzt sich oft, wenn es um Absicht und Wirkung geht. Nicht alles, was in subtiler Kammermusik funktioniert, entfaltet auf einer Bühne Wirkung, denn dort braucht es eine andere Art von Emotionalität und Suggestivkraft als zum Beispiel in einem Streichquartett.
Wie kann man dieses Handwerk aber lernen? Ganz einfach: by doing. Opern schreiben lernt man nur, wenn man das Zusammenspiel der unterschiedlichen Gewerke von der Pike auf lernt. Wer sich schon früh an z.B. Bühnenmusik für Theaterstücke erprobt, dann vielleicht erste Kurzopern schreibt, ist auf dem besten Weg, das Metier zu lernen. Gelegenheiten dafür gibt es aber gar nicht so viele, vor allem nicht für die junge Generation.

Opern komponieren heißt auch Texte lesen zu können, mitzudenken was mögliche Visualisierung der eigenen Musik angeht, und sich mitfühlend in Figuren hineinversetzen zu können, um ihnen jeweils einen eigenen Ton zu geben. Das ist das Großartige und Wunderbare der Operntradition, und um sie am Leben zu erhalten müssen stets neue Werke entstehen, die die Frage unserer und nicht vergangener Zeiten verhandeln.

Bis heute gibt es nirgendwo auf der Welt einen „Studiengang Opernkomposition“. Und solange das so ist, sind Initiativen wie die der Neuköllner Oper so unendlich wertvoll, so wichtig für heranwachsenden Generationen von talentierten jungen Komponierenden. Denn nur hier können sie diese so wichtigen ersten Erfahrungen machen. Vielleicht klappt noch nicht alles, vielleicht wackelt es hier und da, aber manches kann eben auch ein Wurf und eine überzeugende Talentprobe sein. Auf jeden Fall ist das für die Zuschauer wesentlich spannender, als sich wieder einmal eine verquälte Neudeutung eines der etablierten Schlachtrösser des immer weiter schrumpfenden klassischen Opernspielrepertoires anzusehen. In diesem Sinne freue ich mich von Herzen auf die nächsten 25 Jahre des Berliner Opernpreises!

Ein Beitrag von Moritz Eggert (Komponist und Musiker, Präsident des Deutschen Komponistenverbandes) zum 25-jährigen Jubiläum des Berliner Opernpreises comPOSITION von Neuköllner Oper und GASAG.

comPOSITION – Berliner Opernpreis
23. – 25. Juni 2022, Kulturstall Britz

Die Finalist*innen-Teams um Samuel Penderbayne/Theresa von Halle (München) und Andys Skordis/Jelena Vuksanovic (Nikosia/Belgrad) überzeugten die Jury des neuaufgestellten Berliner Opernpreises 2020 mit ihren Konzepten: Sie entwickelten jeweils ein 30-minütiges Musiktheaterwerk auf Grundlage einer Kurzgeschichte von Ferdinand von Schirach, das – pandemiebedingt verschoben – im Juni 2022 im Kulturstall Britz uraufgeführt wird.

Foto: © Felix Poehland

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