
EDITORIAL
Wenn es stimmt, dass es kein Ende gibt und damit keinen wirklichen Anfang, sondern nur eines, beständigen Wandel, dann wäre doch ein sinnvolles „Abschluss-Stück“ eines über den Wandel, die Transformation. Und wenn wir sagen, am „Beginn“ unseres westlich-europäischen Theaters stehen die alten Griechen mit ihren Mythen, Geschichten und Formen, dann wären diese doch, diese „Narrationen“ auch einem beständigen Wandel unterworfen.
Aber wie weit haben sich die Muster männlicher (All-)Macht, für die der griechische Götterhimmel reichlich Anschauungsmaterial bietet, geändert? Man kann Elli Papakonstantinou nur zustimmen: nicht viel, nicht grundlegend, und das ist nicht genug.
Nicht zufällig befragen die Theaterproduktionen von Elli und ihren Teams immer wieder diese vernarbte, starre Wunde, die zwischen Männern und Frauen, zwischen Mensch, Tier und Schöpfung so vieles verhindert. Der griechische Pantheon strotzt von Testosteron und männlichen Göttern, aber es gibt sie auch, die starken Frauen /Göttinnen, die den Käfig der männlichen Narrative demontieren. Ein zentrales Gestirn an diesem Firmament sind die Gorgonen und ihre Transformation. In vorsokratischer Zeit Monster, vor denen sich der Mensch ergo Mann in Sicherheit bringen musste. Später, mit Ovid u.a., wird Medusa zu einer schönen Frau, deren Schicksal rühren soll – aber „das Opfer Medusa“ behält den Blick, der zu Stein macht, behält diese Macht als eine Waffe, die das patriarchale Treiben zwar nicht ändern, aber aufhalten und bestrafen kann.
Könnten Medusa und ihre Schwestern nicht noch mehr als das? Was könnten sie bewirken heute, in der Welt der Alpha-Tiere à la Musk, Trump und Co?
HOLY BITCH! rückt diese Schwestern nah an uns heran, der Mythos ist überall, in unseren Träumen, Venen, einer „gloomy bakery“ in Berlin Mitte. Medusa kommt zurück, wir erkennen und verstehen sie zuerst nicht. Aber wir spüren die Energie, Verzweiflung, Kraft und Entschiedenheit, die diese Transformation braucht. Von der Puppe zur Raupe zum Schmetterling, sie häuten sich, Körper und Seele mäandern, am Ende stehen die drei Schwestern da uns strahlen uns an: „Look at me! I am out. It is nice to be beautiful, not am monster anymore. What do you think?“
Wenn wir im Sommer 2025 nach vorne schauen: das Rollback der Autoritären läuft. Höchste Zeit für einen Wandel und für starke Frauen.
Bernhard Glocksin
BETEILIGTE
KONZEPT, TEXT, REGIE Elli Papakonstantinou MUSIKALISCHE LEITUNG Petros Bouras BÜHNE Maria Panourgia KOSTÜM Ioanna Tsami VIDEO Katerina Savvoglou DRAMATURGIE Bernhard Glocksin, Nefeli Papanastasopoulou PRODUKTIONSLEITUNG / REGIEASSISTENZ Cara Freitag
MIT Merve Akyıldız (Voice, Piano), Francesca Diprima, Lisa Mader, Anastasia Katsinavaki, Maria Papageorgiou (Voice, Guitar, Electric Bass, Percussion)
TECHNISCHE PRODUKTIONSLEITUNG Helmut Topp TON Ronald Dávila Dávila LICHT Ralph Arndt ABENDTECHNIK TON Sören Schwedler, Sebastian Vivas, Klim Losovsky, Ronald Dávila Dávila, Michel Tuttle ABENDTECHNIK LICHT Ralf Arndt, Torsten Litschko, Oliver Lesky, Moritz Meyer BÜHNENBAU Gregor von Glinski, Lilli Wagner, Marc Schulze, David Hannack, Tim Bohnwagner, Rui Wegener, Ralf Mauelshagen, Pet Bartl-Zuba, Philipp Zumpe, Xaver Steinberger KOSTÜMABTEILUNG Christina Kämper (Leitung), Kathy Tomkins KOSTÜMASSISTENZ Elena Gorlatova EINRICHTUNG MOBILE ÜBERTITEL Kathrin Grzeschniok OPERATOR MOBILE ÜBERTITEL Elias Schumacher, Renée Stulz ÜBERSETZUNG Albert Tola, MASKE Anne-Claire Meyer ABENDSPIELLEITUNG Sophie Reavley, Cara Freitag, Regina Triebel
BIOGRAFIEN
Elli Papakonstantinou | KONZEPT, TEXT, REGIE

Als Regisseurin und Autorin greift Elli Papakonstantinou die Klassiker regelmäßig im Licht einer neuen weiblichen Ära auf. Elli lebt seit über einem Jahrzehnt in Großbritannien, den USA und Athen und erhielt Aufträge vom Königlichen Schwedischen Theater, dem Centre Georges Pompidou/IRCAM (FR), den Europäischen Kulturhauptstädten „Eleusis21, 23“, der Brooklyn Academy of Music (BAM, NY) usw. Als Artivistin gründete Elli während der griechischen Krise „Vyrsodepsio“, einen sozial-experimentellen Raum für die Künste. Zweimal stolze Preisträgerin des „Fulfright Artist’s Award“ für ihre Arbeit am Music & Advanced Media Lab der Princeton University und am Computer- und Musikdepartement der Stanford University entwickelte sie neue Technologien für Performances. Ihre Werke tourten international bei Festivals wie dem Holland Festival (NL), Avignon Festival (FR), Marseille Festival (FR), Romaeuropa Festival (IT), LaMaMa E.T.C. (USA), Edinburgh Festival (UK), Aalborg Opera Festival (DK), Copenhagen Opera Festival (DK), Scene National Mulhouse (FR), Nationaltheater Genua (IT), Nationaloper Ägypten (Ägypten) usw. Sie experimentiert mit Formaten Entwicklung digitaler Online-Performances oder Arbeit vor Ort in Konzentrationslagern (laufendes Projekt). 2018 präsentierte sie „Revolte AthenΣ“ an der Neuköllner Oper und freut sich sehr, wieder dabei zu sein.
Petros bouras | Musik, musikalische leitung

Petros Bouras (Pianist/Komponist) wurde in Athen, Griechenland, geboren. Er hat zahlreiche Konzerte in den USA, China, Italien, der Schweiz, Österreich, Deutschland, dem Vereinigten Königreich, der Elfenbeinküste, Frankreich, den Niederlanden, Belgien, Spanien, Armenien, Luxemburg, Albanien, Nordmazedonien, Serbien, Bulgarien und Polen und in verschiedenen Sälen wie dem Palais de Beaux Arts (Brüssel), dem Mozarteum (Salzburg) und dem CCRMA (San Francisco) gegeben. Er ist Mitglied von StarWound – einem anspruchsvollen Pop-Trio – und von Galan Trio – einem Klaviertrio für zeitgenössische Musik. Beide Ensembles sind in vielen Ländern aufgetreten, und ihre Projekte haben ihn bisher zu 56 Konzerten an US-Universitäten geführt, darunter Stanford und UC Berkeley. Er hat Musik komponiert und in großen Theatern wie Theater Basel, FFT Düsseldorf, Pallas und Kaserne aufgeführt.
Maria Panourgia | Bühne
Maria Panourgia hätte Malerin werden können, entschied sich aber stattdessen für den Beruf der Schauspielerin, Regisseurin und Bühnenbildnerin.
Geboren in Korinth, studierte sie Malerei an der ATHENS School of Fine Arts und Schauspielerei im Studio von Akis Davis. Als Schauspielerin arbeitete sie mit Regisseuren wie u.a. Akis Davis, Anna Dimitriadis, Albrecht Hirche, Elena Penga, Dimitris Mavrikios, Yorgos Lanthimos, Angela Brouskou, Filippos Kanakaris. In Konstantin Bogomolovs Produktion nach Dostojewskis Dämonen übernahm sie eine der Hauptrollen, uraufgeführt 2017 am ONASSIS STEGI.Wer hat Angst vor Virginia Woolf? ist ihre vierte Regiearbeit und ihr erstes Stück am ONASSIS STEGI. Weitere Arbeiten brachten sie an das Griechische Nationaltheater, Experimentalbühne und das Athen Festival.
ioannA TSAMI | KOSTÜM
Ioanna Tsami wurde in Piraeus geboren. Im Jahr 2008 studierte sie Kostüm- und Bühnenbild am Motley Theatre Design Course in London. Seit 2001 hat sie mit namhaften Künstler*innen zusammengearbeitet wie u.a. Dimitris Karantzas, Yannis Houvardas, Michail Marmarinos, Akyllas Karazisis, Nikos Hadjopoulos, Thodoris Abazis, Yorgos Kakanakis, Anna Kokkinou, Efi Theodorou, Aris Retsos, Yannis Kalavrianos, Albrecht Hirche, Barbara Weber, Alison Chitty, Yorgos Nanouris und Yannis Moscho.
Katerina Savvoglou | VIDEO

Katerina Savvoglou ist Architektin und bildende Künstlerin und erforscht die Wahrnehmung und Interaktion in digitalen Räumen, wobei sie sich auf Atmosphäre und das Immaterielle in der Architektur konzentriert. Sie arbeitet mit Zeichnung, Video und Fotografie und hat an Performances, Installationen und Buchdesign mitgewirkt. Im Theaterbereich hat sie mit Elli Papakonstantinou als Darstellerin, Regieassistentin und Videokünstlerin in Produktionen wie Die Bakchen und Persephone sowie in entsprechenden Workshops in Griechenland und Italien gearbeitet.
Nefeli Papanastasopoulou | DRAMATURGIE

Nefeli Papanastasopoulou ist Dramaturgin und Regieassistentin. Sie studierte Theaterwissenschaften in Athen und hat in Griechenland und Deutschland gearbeitet (Nationaltheater, Hospitaz in der Volksbühne, DNT Weimar). Sie beschäftigt sich auch mit Fotografie, Malerei und Schreiben. Seit 2022 absolviert sie einen Masterstudiengang in Berlin. Im Theaterbereich hat sie mit Elli Papakonstantinou als Darstellerin, Regieassistentin und Videokünstlerin in Produktionen wie Die Bakchen und Persephone sowie in entsprechenden Workshops in Griechenland und Italien gearbeitet:
bernhard Glocksin | Dramaturgie

Künstlerische Leitung der Neuköllner Oper seit 2004. Zuvor Dramaturg und Chefdramaturg für Musiktheater in Hannover, Zürich, Salzburg und Mainz. 1999-2002 Chefdramaturg / stellvertretender Intendant am Deutschen Theater Göttingen. Uraufführungen und Autoren-Werkstätten mit T. Dorst, F. Richter, R. Schimmelpfennig, J. von Düffel, L. Hübner u.a. An der Neuköllner Oper Adaptionen, Inszenierungen und Stücke, Festivals und internationale Koproduktionen. Nebenher freischaffend Juror, Projektmacher, Gastdozent und Lehrbeauftragter.
Cara Freitag | PRODUKTIONSLEITUNG / REGIEASSISTENZ

Cara Freitag, geboren in Mainz, hospitierte und assistierte nach ihrem Abitur 2016 an der Oper Wuppertal. Anschließend studierte sie Theaterwissenschaft und Philosophie in Berlin und arbeitete währenddessen unter anderem in der Freien Szene im Bereich Regie und Ausstattung. Es folgten verschiedene Gast-Assistenzen, unter anderem in Dresden, Wuppertal und Luzern. An der Neuköllner Oper begleitet sie nun nach DADDY UNPLUGGED und BODY WORK mit HOLY BITCH! die dritte Produktion als Produktionsleitung und Regieassistenz.
Merve Akyıldız | Stimme, Klavier

Die 1994 in Izmir geborene Pianistin und Sängerin verbindet ein klassisches Fundament mit Weltmusik, Jazz, Folk und zeitgenössischen Stilen. Nach ihrem Abschluss am Konservatorium trat sie beim 13. Antalya Piano Festival unter der Leitung von Fazıl Say auf. Als sie sich dem Jazz zuwandte, wurde sie beim Nardis Young Jazz Vocal Wettbewerb ausgezeichnet. Sie arbeitete mit Symphonieorchestern zusammen, trat als Gastkünstlerin bei der Poetry & Jazz-Premiere in London auf und tritt derzeit in Alles wird schön sein am Gorki Theater Berlin auf.
Francesca Diprima | Spiel

Francesca Diprima ist eine Schauspielerin, Performerin und Sängerin, die hauptsächlich in Italien und Frankreich arbeitet. Derzeit lebt sie in Genua. Sie studierte an der Universität IUAV in Venedig und besuchte von 2016 bis 2019 die Schauspielschule Les Enfants Terribles in Paris. Anschließend absolvierte sie die hohe Theaterausbildung an der „Casa degli Artisti“ am TeatroDue in Parma. Außerdem schreibt und spielt sie in einem Duo für elektronische Synth-Wave-Musik.
Lisa Mader | spiel

Lisa Mader wurde 1992 geboren und wuchs in Oberdolling bei Ingolstadt auf. Nach dem Abitur reiste sie über 4 Jahre, vorrangig auf dem amerikanischen Kontinent, meist mit Fahrrad. Von 2017 bis 2021 studierte sie Schauspiel an der Akademie für Darstellende Kunst Bayern, wo sie mit dem Förderpreis ausgezeichnet wurde. Schon während dieser Zeit und auch danach gastierte sie immer wieder am Theater Regensburg, tourte mit „Falco – das Musical“ und war von 2022 – 24 festes Ensemblemitglied am Schlosstheater Celle. Für ihre Darstellung als „Ferdinand“ in „Der Sturm“ unter der Regie von Birgit Simmler erhielt sie 2022 den Nachwuchspreis der Luisenburg Festspiele. Seit 2025 ist sie freischaffend tätig und arbeitet an der Neuköllner Oper, u.a. für „Digital Sins“ in Kooperation mit dem Museum für Kommunikation Berlin und für „Holy Bitch“, eine Produktion des ODC Ensembles Athen unter der Regie von Elli Papakonstantinou.
Anastasia Katsinavaki | Spiel

Anastasia Katsinavaki ist Schauspielerin und Sängerin. Sie experimentiert. Sie handelt. Sie denkt.
Maria Papageorgiou | Stimme, Instrumente

Maria Papageorgiou wurde in Grevena geboren. Seit 2010 lebt sie in Athen und arbeitet als Songwriterin, Musikerin, Produzentin und Gesangslehrerin. Mit ihrer Band tritt sie in ganz Griechenland, Zypern und Europa auf. Sie hat sechs Alben veröffentlicht und mit Künstlern wie Mikis Theodorakis und Thanos Mikroutsikos zusammengearbeitet. Sie hat für Kurzfilme (Cannes-Preis), das Radio und Videospiele komponiert und ist außerdem Autorin von zwei Büchern, darunter The Bark (Patakis, 2025)